Große Ferien

Hochsommer. Wie aus dem Nichts fegt eine Wasserhose über den See, zwingt das Wasser in ihrer Mitte in einen rotierenden Trichter. Am Rand peitscht der Wirbelwind es in die Höhe.

Nur Sekunden später erstirbt das schäumende Karussell.

Pimpi geht auf den nassen Bohlen unserer Badeanstalt nach vorn, tritt an die Kante, zögert und springt – so wie es andere Kinder vor ihm an diesem heißen Nachmittag dauernd getan haben.

Wir, Pimpis Klassenkameraden, sein Zwillingsbruder Thomas und Freunde, standen daneben am Holzgeländer des Pfahlbaus ganz aus Holz am Rande des Boddensees. Es war die Seite, die kein Sonnenstrahl erreicht.

Pimpi taucht langsam auf. Allmählich erkennen wir seinen Kopf. Er bleibt aber mit dem Gesicht unter Wasser. Die dunkelblonden Haare sind noch das Einzige, das von ihm zu sehen ist, seine Haare, die wie ein Stern im trüben, grünlichen Wasser in alle Richtungen streben. Luftblasen.

Uringestank liegt in der schwülen Luft, nicht nur weil auf der Südseite in Ufernähe Jauchegruben existieren.

Eine Toilette ist vielleicht in der Gaststätte vorhanden, an die sich die Umkleidekabinen, der Drei-Meter-Sprungturm sowie der Gang aus Bretterbohlen, auf denen wir stehen, anschließen.

Noch immer ist Pimpi unten, unbeweglich, allein, einen der schwarzen Pfähle umklammernd.

Ich frage mich, wann er wohl auftauchen würde, worauf er warte, ob er Wasser schluckt.

Sekunden vergehen oder steht die Zeit still?

Wir alle, Thomas, Hansi, die Otten-Brüder und ich, wir alle verharren wie gebannt, reglos zu ihm hinunterschauend. Kinderaugen entgeht nichts. Das Wasser glatt.

Unweit von uns brennt das Abbild des Gestirns. Stille. Einer der Otten-Brüder, er ist mit dreizehn Jahren der Älteste unter uns, fasst jetzt einen Entschluss. Ich weiß nicht mehr, ob es Stefan Otten oder sein Bruder Andreas war. Er macht einen halben Schritt auf die glitschige Bohle, springt zu Pimpi in die Tiefe, taucht auf und fasst ihn von hinten unter die Arme.

 Pimpi hebt endlich den Kopf, schöpft Luft, schafft es zur Leiter.

Geschafft!

Ich kann mich nicht erinnern, in all den späteren Jahren meinen Schulfreund Pimpi (Andreas Jung) wieder am Seebad getroffen zu haben.